Reisebericht Tag 6Unterwegs in Phnom Penh
Der heutige Tag steht ganz im Zeichen der Geschichte Kambodschas. Wir besuchen eines der bekanntesten „Killing Fields“ in der Nähe von Phnom Penh. In den 70ern waren die Roten Khmer an der Macht, brachten tausende von Kambodschanern um und verscharrten sie in Massengräbern.
Während der einstündigen geführten Tour berichtet uns ein Fremdenführer über die Massaker, die damals an diesem Ort stattgefunden haben. In einem riesigen Turm sind Schädel in die Höhe gestapelt, die auf dem „Killing Field“ gefunden wurden. Es herrscht eine komische und gedrückte Stimmung, als wir auf den angelegten Wegen durch die Felder zwischen den Massengräbern entlang gehen. Teilweise sieht man noch Knochen und Stoffreste. Bis vor einem Jahr gab es noch keine angelegten Wege und es konnte sein, dass man direkt über die Knochen lief, die hier und da weiß herausschienen. Aufgrund der Beschwerde vieler Touristen wurden dann Wege angelegt.
Danach geht es zurück nach Phnom Penh und wir besuchen das Tuol Sleng Museum, das unter dem Regime der Khmer als Sicherheitsgefängnis S 21 diente. Unser Guide erklärt ausführlich, unter welchen menschenverachtenden Umständen die Gefangenen gehalten wurden. In vier großen Gebäuden, die wiederum in einzelne Räume unterteilt waren, wurden die "VIP-Gefangenen" untergebracht. Die Ausstattung bestand aus jeweils einem Gitterbett, einem Stuhl, einem Tisch und einem kleinen Blechcontainer, der als Klo diente. Nichts für schwache Nerven. Die normalen Gefangenen wurden dagegen in Räumen untergebracht, die man durch einfache geziegelte Mauern in kleine Kabinen mit vielleicht 1x2 Metern Größe unterteilt hatte. Dort wurde gegessen, geschlafen, geduscht und sein Geschäft in der Blechdose verrichtet.
"Geduscht" wurde alle 2 Wochen, indem die Wärter mit dem Gartenschlauch herrumgingen und jeden Insassen abspritzten. Bis die Kabine und die Leinenhosen wieder trocken waren, verging eine lange Zeit, in der die Insassen meistens stehen mussten, damit die vom Liegen auf dem nackten Steinboden aufgescheuerte Haut sich nicht weiter entzünden konnte. Die Frauen wurden im ersten Stock untergebracht und hatten keine einzelnen Kabinen. Dafür aber einen Raum, der als Toilette benutzt werden konnte.
Zwei der Überlebenden aus diesem Gefängnis sind tatsächlich vor Ort und man kann ihnen Fragen stellen. Sie verkaufen Bücher von sich, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Nach diesem doch sehr emotionalen Vormittag haben wir den Rest des Tagen zur freien Verfügung. Wir entscheiden uns für einen Stadtbummel durch Phnom Penh. Innerhalb der 3-4 Stunden können wir unheimlich viele Eindrücke von den Einheimischen sammeln.
Der Local Market ist nichts für schwache Mägen: Er ist überdacht und von außen mit Blech von der Umwelt abgeschirmt. Wir wagen uns trotzdem rein und eine Wand aus Gerüchen bäumt sich vor uns auf. Eine beißende Kombination aus Fleisch, Fisch, Meeresfrüchten, Gewürzen, exotischen Früchten und duftenden Blumen (wenn man nah genug ranging) und Unbekanntem steigt mir in die Nase. Dazu mischt sich etwas Angstschweiß.
Wir laufen die engen Gassen entlang und bei jedem Schritt geben meine Flip Flops schmatzende Geräusche von sich, weil der Weg eine einzige matschige Masse ist. Mofas drängeln sich zwischen den Menschen durch und machen sich Platz. Ich springe jedes Mal freiwillig zur Seite und bin froh, als ich am anderen Ende des Marktes nahe dem Ausgang wieder Frischluft schnuppere.
Weiter geht es zum Königspalast, einem wirklich herrschaftlichen Prunkbau mit einem öffentlichen großen Platz davor, auf dem sich die Einheimischen und gefühlt 10.000 Tauben tummeln. Dieses Treiben verleiht dem Palast eine unheimliche Leichtigkeit und Fröhlichkeit. Kleine Kinder rennen über die Wiesen und spielen mit den Tauben - alles ist wuselig und doch ist die Stimmung so friedlich und der Platz strahlt eine gewisse Ruhe aus. Herrlich.
Entlang der Riverside laufen wir zurück an Bord. Wie an einer Perlenkette aufgereiht stehen Geschäfte, Spas und Bars aneinander. Zurück auf dem Boot dürfen wir eine traditionelle Tanzshow kleiner Jungs und Mädchen miterleben. In traditionellen Kostümen tanzen sie uns Liebesgeschichten und eine hinduistische Mythologie vor. Ganz typisch ist dabei der Tanz mit halben Kokosnussschalen.
Nach der Tanzaufführung verschlägt es uns auf der Suche nach einem einheimischen Restaurant in eine Seitengasse. Es sitzen nur Einheimische draußen - ein gutes Zeichen! Ein Tisch ist auch noch frei, also wagen wir uns an das Experiment. Die Karte ist teilweise auf Englisch, die Verständigung etwas schwierig, aber mit Händen und Füßen können wir dann erklären, was wir alle essen wollen. Unter anderem bestellen wir eine „kleine“ Beef Soup und damit fängt ein unvergesslicher Abend an, den wir so schnell nicht vergessen werden.
Eine Lady kommt mit einem kleinen Wagen und jeder Menge Grünzeug zu uns. Ein Kocher wird auf unseren Tisch gestellt und im Nu bereitet sie die Suppe vor unseren Augen zu. Brühe ist dabei die Grundlage, gefolgt von Fleischbällchen, Unmengen von grünen Kräutern, Rindfleisch und Ei, bis der Topf fast überläuft. Wir essen zu viert an der Suppe und sie schaffen es dennoch nicht, sie ganz aufzuessen. Das Beste ist, dass die Suppe umso besser schmecke, je länger sie vor sich hin köchelt. Best Beef Soup ever! Dazu darf natürlich ein GERMAN ENGINEERED GANZBERG Bier nicht fehlen. Sobald unsere Gläser nur noch zu einem Viertel gefüllt sind, wird fleißig nachgeschenkt. Bestellen können wir immer sixpackweise in roten Schalen. Diese werden am Tisch stehen gelassen und gleichzeitig zum Zählen verwendet.
Am Tisch nebenan sitzt anscheinend der Tuktuk Stammtisch von Phnom Penh: drei Männer, die natürlich Cambodian Bier trinken. Im Laufe des Abends kommen wir nach und nach ins Gespräch und enden an ihrem Tisch. Einer der drei Fahrer kann gut Englisch und wir erzählen, lachen und scherzen bis in die Nacht hinein. Bei den anderen kommen wieder Hände und Füße zum Einsatz, was wunderbar funktioniert. 6 rote Schalen später habe ich meinen ersten richtigen kambodschanischen Facebook-Freund. Kurz vor 24 Uhr und als letzte Gäste verlassen wir dann das Restaurant und unser neuer Tuktuk-Freund fährt uns zu unserem Boot. Spontanpartys sind die Besten - das war mal wieder ein gutes Beispiel.
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