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ReportageFlug zur Klagemauer

Das Gesicht Jerusalems wird sich nachhaltig verändern ©shutterstock.com/michelangeloop

Es ist wieder hitzig in Israel - und dafür ist nicht der heraufziehende Sommer verantwortlich. Ein kühnes Infrastrukturprojekt in Jerusalem reißt alte Wunden neu auf. Worum geht es?

 

Jerusalem hat in den letzten Jahrzehnten ein starkes Bevölkerungswachstum erlebt. Wie übrigens das gesamte Land. Die meisten Menschen besitzen ein eigenes Auto, der öffentliche Nahverkehr ist schlecht, die Folgen sind Staus, Staus, Staus. Es ist eine nicht nur nervenzehrende Begleiterscheinung im Alltag, auch Abgasbelastung, Parkmöglichkeiten und der Verbrauch von Rohstoffen bietet Grund zur Sorge. ForscherInnen prognostizieren bis 2050 „Zustände wie im indischen Mumbai“. Die grundsätzlich kleine Landesfläche konzentriert die Problematik.

Man suchte also nach Lösungen, die Köpfe rauchten. Stadtverwaltung, Tourismusbehörden und die lokale Politik Jerusalems trugen vor einigen Jahren eine wagemutige Idee vor: Ein Seilbahnbau zur Klagemauer und dem Ölberg, quer über die Altstadt. Damit wäre das Verkehrsproblem quasi im Nu gelöst. Gleichzeitig hat man eine neue Attraktion wie bequemes Angebot für die zunehmende Anzahl an jährlichen TouristInnen. Endlose Schlangen vor den Heiligtümern könnten verkürzt werden.

 

Natürlich erntete man dafür nicht nur Beifall. KritikerInnen befürchten eine »Disneyfizierung« der uralten Stätten. So stritt man über Jahre. Gutachten, Petitionen und zahlreiche Gerichtsverhandlungen später sind die Fronten verhärtet.

Nun gibt es hoheitliche Klarheit, der oberste Gerichtshof hat entschieden und grünes Licht für den Bau gegeben.  Alle Versuche eines Stopps wurden restlos zurückgewiesen. Auf der einen Seite blickt man auf Verzweiflung und Wut. Auf der anderen wird gefeiert, Jerusalems Bürgermeister Mosche Leon jubelt. Das Verkehrsministerium unter Meirach Michaeli sieht den Transportnutzen gering, der irreversible Schaden überwiege deutlich die Vorteile. Es mutet wie die karmische Schleife Israels an, das Auftauchen von Zündstoff.

Wie stellt man sich das Ganze vor? Geplant ist eine Länge von 1.4km, 15 gigantische Stahlpfosten sollen vom Alten Bahnhofüber den Berg Zion zum Dungtor führen, vom jüdischen Westen in den arabisch geprägten Osten. Die Klagemauer, der Tempelberg, die Al-Aksa Moschee werden zum Religionspark. Über 50 Gondeln sollen 3000 Menschen in einer Stunde befördern können. Ein ”Shuttleservice zum Gebet“, der das Land 50-60 Mio. Euro kosten wird.

Wie man auch das Projekt Seilbahn bewerten möchte, eines wird es nicht: Zum Frieden in einer Region beitragen, die es bitter nötig hätte.

Autorin: Lea Katharina Nagel

 

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