von Dina Stahn

SachertorteDie dunkle Königin der Torten

Quelle: © DuMont Bildarchiv/ Ernst Wrba

„Man meint, ein Gedicht von Heine auf der Zunge zu haben“, schwärmte 1894 das Appetit-Lexikon über die Sachertorte. Die beliebte Wiener Tortenspezialität hat eine legendäre Geschichte.

Sachertorte offeriert jedes Kaffeehaus und jede Bäckerei der Stadt, doch wer die Original Sachertorte genießen will, gerät im Handumdrehen in einen ernsthaften Zwiespalt. Denn sowohl das Hotel Sacher als auch die ehemalige K. u. K. Hofzuckerbäckerei Demel beanspruchten die Erfindung der Torte für sich.

Franz Sachers Meisterwerk

Die Geschichte nahm ihren Anfang, als Klemens Fürst von Metternich 1832 für ein großes Fest auch eine besondere Torte kreiert haben wollte. Eine, wie es sie bisher noch nie gegeben hat, nämlich eben nicht überbordend mit kunstvollem, luftig-leichtem Schnickschnack. Nicht zu süß sollte sie sein und gleichzeitig den Sinnen schmeicheln, kompakt doch gleichzeitig zart. Wie es das Schicksal so wollte, war just an diesem Tag der Chefkoch erkrankt und Franz Sacher, damals Lehrling in Metternichs Küche, musste einspringen – und schuf ein Meisterwerk. Er komponierte eine Torte, deren feinherb schmeckenden Schokoladenschichten durch eine hauchdünne, süße Lage Marillen-(Aprikosen-)Konfitüre getrennt wurden. Das Ganze überzog er mit einer wundervoll mattsamtig-glänzenden Schokoladenglasur. Die Festgesellschaft war hingerissen, der junge Sacher auf einen Schlag der Star der Konditoren.

Weitere Stationen seiner Laufbahn wurden die Höfe in Budapest und Pressburg. Dann arbeitete Sacher eine Zeitlang in der „K. u. K. Hofzuckerbäckerei Demel”, seinerzeit berühmtestes Haus am Platze. Hervorgegangen war es aus der 1786 eröffneten „Burgtheater-Zuckerbäckerei” des Württembergers Ludwig Dehne, die 1857 an Christoph Demel verkauft wurde. Auch nachdem sich der junge Sacher selbstständig gemacht und eine eigene Konditorei eröffnet hatte, blieb bei Demel die beliebte Torte natürlich im Standardrepertoire.

Der Sachertortenkrieg

Franz Sachers Sohn Eduard begründete schließlich 1876 das legendäre Hotel Sacher hinter der Staatsoper. Entscheidend für den Erfolg des Hauses war die energische Witwe von Eduard Sacher, Anna Sacher, eine Fleischhauerstochter, die nicht nur Zigarre rauchte, sondern die Haute volée für sich und ihr Hotel begeistern konnte. 

An kleinen Tischchen pflegten sich der Hochadel, reiche Bankiers und illustre Zeitgenossen das Beste aus Küche und Keller servieren zu lassen. Kein anderes Hotel präsentierte so unverfälscht exklusive Wiener Lebensart wie „das Sacher”, wie die Wiener es nennen. Doch in den 1930er-Jahren sahen sich seine Besitzer einem Berg Schulden gegenüber. Im Kampf um Geschäftsinteressen rückte die Torte plötzlich in den Mittelpunkt, und es wurde sehr wichtig, ob der Demel oder das Sacher die echte Original Sachertorte hergestellt hatten.

Man zog vor Gericht und stritt sich dort von 1930 bis 1965 durch alle Instanzen. Schließlich wurde vom Obersten Österreichischen Gericht dem Hotel Sacher entsprochen. Seitdem darf nur das Sacher die Original Sachertorte anbieten und ziert sie der besseren Unterscheidbarkeit wegen mit einem Schokoladensiegel; die von Demel nennt sich Demel’s Sachertorte. Das Original-Rezept wird streng geheim gehalten und im Panzerschrank aufbewahrt. Völlig gleich sind die Torten übrigens nicht: Bei Demel ziehen die Konditoren eine Schicht Marillenmarmelade ein, bei Sacher derer zwei, eine davon direkt unter der Glasur. Welche Sachertorte besser schmeckt, kann man nur selbst entscheiden. Eins aber ist sicher: Ein wenig ungesüßter Schlagobers (Schlagsahne) gehört immer dazu!

Ein ideales Souvenir

Als äußerst praktisch erwies sich die Haltbarkeit der Sachertorte: Angeblich wird sie mit jedem Tag besser und ist bei 16 bis 18 Grad Celsius problemlos zwei Wochen haltbar. Die schützende Schokoladenglasur bewirkt, dass sie auch erstklassig zum Verschicken und für den Transport geeignet ist. In wunderhübsche Kartons und Holzkistchen verpackt, verlassen die Torten zu Tausenden Wien, um ihre Reise rund um den Globus anzutreten und von der Wiener Lebensart zu künden. Rund 360.000 Stück produziert allein das Hotel Sacher Jahr für Jahr.

Fakten

Adresse & Öffnungszeiten

Café Sacher: tgl. 8.00-24.00 Uhr
Sacher Confiserie Wien: 9.00-23.00 Uhr
Philharmonikerstraße 4, Tel. 0043/ 1/51 45 60
www.sacher.com

Kaffeehaus Demel: tgl. 9.00 –19.00 Uhr
Demel Shop Wien: tgl. 10.00–19.00 Uhr
Demel-Museum: tgl. 11.00–18.00 Uhr
Kohlmarkt 14, Tel. 0043/1/535 17 17-0
www.demel.at

 


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  • Dina Stahn Unterwegs in Wien und Stuttgart

    Dina Stahn ist für DuMont Reise unterwegs in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

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