Film-TippsWatching the world
Der dunkle Winter, eine anhaltende Pandemie, aufkeimendes Fernweh und Zukunftssorgen. Das Reise- & Entdeckerherz sehnt sich nach Inspiration, nach Neuem, nach Freude. Wir haben acht Filme aus aller Welt zusammengestellt. Mit Bildern & Musik ziehen sie in unbekannte Welten. Das Heim wird zum Flugzeug in ferne Geschichten.
No. 1-4
Samsara (2011)
Gleich vorweg: Ein außergewöhnlicher (Dokumentar-)Film! Er gleicht mehr einer meditativen Reise als einem klassischen Unterhaltungswerk. ZuschauerInnen werden in einen faszinierenden Sog über diese Erde gezogen. Der Regisseur Ron Fricke verarbeitete Aufnahmen aus 25 Ländern und über 100 Schauplätzen zu einem bildgewaltigen Erzählstrom. In atemberaubender Weise wird das Verhältnis des Menschen zum Leben auf dieser Erde portraitiert. Bilder von Massentierhaltung, bezaubernden Tempeltänzerinnen und spektakulären Vulkanausbrüchen wechseln sich mit gigantischen Mülldeponien, Slums und den Weiten des Ozeans ab. Dieser Film vereint, was unvereinbar scheint.
P.S.Samsara stammt aus dem Sanskrit und bedeutet so viel wie »Das ewig drehende Rad des Lebens«
Im Juli (2000)
Eine deutsche Produktion von Fatih Akin, in den Hauptrollen Christine Paul und Moritz Bleibtreu. Sommerferien, der schüchtern-spießige Lehrer Daniel Bannier lernt auf einem Straßenmarkt in Hamburg die mundflotte Verkäuferin Juli kennen – die sich prompt in ihn verliebt. Geschickt dreht sie Daniel einen Maya-Ring an, der ihn – laut Julis vehementer Prophezeiung – zu seiner Traumfrau führen soll.
Es ist der Abend des gleichen Tages. Auf einer Party lernt Daniel die junge Türkin Melek kennen und meint in ihr jene jüngst vorausgesehene Seelenpartnerin gefunden zu haben. Die Ereignisse überschlagen sich: Der einst ängstliche Lehrer findet sich auf einem aufregenden Road-Trip von Hamburg nach Istanbul wieder. Im Gepäck: Juli. Das Ziel: Die Liebe des Lebens finden. Klingt zunächst kitschig. Doch »Im Juli« glänzt mit sympathischer Leichtigkeit und unkonventioneller Lässigkeit. Selbst Romantik-Skeptikern kann der Film ein Lächeln abgewinnen. Gegeben wird kein Blockbuster Feeling, als vielmehr heimelige Sehnsucht nach Geborgenheit, Wärme und Sommer.
Parasite (2019)
Eine südkoreanische Produktion des Regisseurs Bong Joon-Ho– ein Cannes-Gewinner. Im Zentrum: Eine vierköpfige koreanische Familie lebt am Existenzminimum. Es sind vier einzigartige Charaktere: Mutter, Vater, Sohn und Tochter. Durch die Hilfe eines Kinderfreundes gelingt es Sohn Ki-wooeine angesehene Stelle als Nachhilfelehrer in der wohlhabenden Familie Park zu ergattern. Unter der Anwendung von Geschick und List bringt er schließlich die gesamte Familie in den Dienst der Park. Mehr und mehr nistet sich die ärmliche Kernfamilie im luxuriösen Lebensstil der Arbeitgeber ein. Die Fäden aus Lügen werden skurril weitergesponnen. Unter dem Schatten eines dunklen Geheimnisses überschlagen sich die Ereignisse final.
»Parasite« ist mal etwas anderes, behandelt „Klassenunterschiede“ kreativ kritisch. Ein eigentümlicher Film. Die zunächst ruhige Handlung mündet in spektakulärem Furore.
Into the wild – Die Geschichte eines Aussteigers (2007)
Basierend auf dem Roman von John Krakauer zeigt der Spielfilm das Leben des US-Amerikaners Christopher McCandles. Gerade mit der Ausbildung fertig, desillusioniert, gelangweilt und gerädert von der Enge des bürgerlichen Lebens zieht es den jungen Abenteurer in die Freiheit. Er gibt sein altes Leben vollständig auf und startet im Geist des Idealismus eine neue Existenz. Der Road Movie begleitet ihn auf dieser Reise - quer durch die USA- bis in die Einöde Alaskas. Es werden wesentliche Sinnfragen gestellt, die durch Chris erzählt werden. Besondere menschliche Begegnungen werden durch atemberaubende Naturaufnahmen ergänzt. Ein rührender, sensibler Film, der mit Entschleunigung glänzt und in den Bann zieht.
No. 5-8
7 Jahre in Tibet (1997)
Ein schon in die Jahre gekommener Streifen mit einem jungen Brad Pitt in der Hauptrolle. Im Zentrum steht die reale Geschichte Heinrich Harrers, einem österreichischen Bergsteiger. 1939, der ehrgeizig egozentrische Jüngling „ignoriert“ die Schwangerschaft seiner Frau Ingrid und reist mit einer Expeditionsgruppe in den Himalaya. Ziel des Unterfangens: Die Besteigung des Nanga Parbat, dem neunthöchsten Berg der Erde.
Nach der Ankunft und ersten Besteigungsversuchen bricht der 2. Weltkrieg aus. Harrerund Kumpanen werden in ein Internierungslager gebracht. Die Scheidung von seiner Frau folgt, Einsamkeit und die Sehnsucht nach dem unbekannten Kind Rolf wächst. In einem mutigen Kraftakt gelingt ihm und seinem Freund Peter Aufschnaiter die Flucht aus der Gefangenschaft. Beide gelangen nach Tibet. Die Mystik des Ortes sollen sein Leben nachhaltig verändern. Lebensphilosophie in einem spannenden Spielfilm verpackt.
Palermo Shooting (2008)
Der erfolgsverwöhnte Düsseldorfer Fotograf Finn führt ein Leben auf der Autobahn – Partys, Models, Alkohol, Ruhm. Äußerlich beneidenswert, innerlich leer und getrieben. Sein Weg führt ihn in die sizilianische Hauptstadt Palermo. Fortan entdecken ZuseherInnen die Stadt durch seine Linse. Wanderungen durch heruntergekommene Gassen, Aufenthalte am Quattro Canti und Monte di Pieta, hinein in barocke Altbauten und nächtliche Bars. Protagonist Finn wird dabei zunehmend vom Tod, einem grauen Mann, verfolgt. Der Film des deutschen Erfolgsregisseurs Wim Wenders stellt das Groteske und Lärmende Palermos dem Labilen und Verletzlichen des Lebens gegenüber. In einzigartig berührender Art und Weise gelingt es ihm damit, das menschliche Sein mit dem Herz einer Stadt zu verbinden
P.S. Die männliche Hauptrolle spielt »Die Toten Hosen« Frontman Campino.
Lost in Translation – Zwischen den Welten (2004)
Ein Film der in die Kategorie Geschmackssache fällt. In den Hauptrollen Scarlett Johansson und Bill Murray. Lässt man sich darauf ein, kann Hochgenuss warten: Drehort ist Tokio. Der in die Jahre gekommene Filmstar Bob Harris verkauft seine Seele für den Dreh einer Whisky Werbung. In den nächtlich-einsamen Stunden des Luxus-Hotels lernt er die junge US-Amerikanerin Charlotte kennen - die sensible Ehefrau eines exzentrischen Boulevard Fotografen, den sie für seine Aufträge in Japans Hauptstadt begleitet hat. Zwischen Bob und Charlotte entsteht in kurzer Zeit eine innige, sonderbar intime Freundschaft. Altersunterschied und Unbekanntheit zum Trotz.
Die Szenen wirken spontan, zufällig aufgenommen. ZuschauerInnen werden mitgenommen in die Lebendigkeit des nächtlichen Tokios und schweigend zurückgelassen in der Stille verlassener Hotel-Pools. Ein Film abseits des mainstreams, der mit individueller Magie beeindruckt.
Lunchbox (2013)
Eine indische Produktion ohne den klassischen Bollywood-Flair. Hausfrau Ila führt ein eintöniges Leben im überfüllten Mumbai. Jeden Tag macht sie ihre Tochter fertig für die Schule und kocht ihrem Ehemann Rajiv sein Mittagessen für das Büro. Zugestellt per unzuverlässigem Abholer und Autobus. Die Beziehung des Ehepaars ist eingeschlafen. Mit kreativ-aromatisch neuen Gerichten (die sie von der alten Nachbarin »aunti« erhält) versucht Ila die Aufmerksamkeit ihres Mannes zu gewinnen. Doch die besonderen Lunchboxen verfehlen ihren Empfänger: Statt zu Rajiv wandern sie zum verwitweten Angestellten Saajan. Saajan ist einsam, wortkarg, abweisend gegenüber KollegInnen und Mitmenschen. Durch die Verwechselung entwickelt sich eine Biref- bzw. Notizfreundschaft zwischen Ila und dem Eigenbrötler. Und so sollen sich beide Leben doch noch einmal verändern.
Ein ruhig dahinfließender Streifen, wohltuend, ohne viel Aufregung. Ein Hauch Indiens.
Autorin: Lea Katharina Nagel