PortraitInge Sargent: Jahre als burmesische Prinzessin

Inge in traditioneller burmesischer Kleidung ©Privatarchiv

Inge Sargent (*Eberhard) wurde 1932 in Südösterreich, Kärnten, geboren. Heute stolpert man in Kulturberichten, Zeitungsinterviews oder in Reiseliteratur über Myanmar auf diese Frau. Wer ist und war sie?

 

Ein neues Leben

Wir beginnen in den Studienjahren: Anfang der 1950er Jahre reiste die junge Studentin Inge Eberhard mit der finanziellen Hilfe eines Stipendiums in die USA. Schon nach kurzer Zeit lernte sie dort den burmesischen Bergbauingenieurstudenten Sao Kya Seng kennen. Nun, long story short: Die beiden verliebten sich innig ineinander und heirateten 1953 in Denver. Trotz Ehe kannte Inge zu dieser Zeit nicht die Wahrheit über den wohlerzogenen und attraktiven jungen Mann an ihrer Seite. Sao trug in seiner Heimat den Beinamen Saophalong – Prinz des burmesischen Fürstentums Hsipaw. Hsipaw ist eine Region im Osten Myanmars an der chinesischen Grenze. Sie gehört dem Shan Staat an und hat heute circa 54.000 Einwohner.

Um die Familie Saos kennenzulernen, trat das junge Paar 1954 die Reise Richtung Asien an. Damals per Schiff, mit der SS Warwickshire nach Rangoon. Es war wohl die letzte gemeinsame Zeit, bevor sich Inges Leben nachhaltig änderte. Erst bei der Ankunft im Hafen gab sich ihr Ehemann als der zu erkennen, der er tatsächlich oder vielleicht „zusätzlich“ war. In Anbetracht der wartenden Menschenmassen wurde Sao mehr oder minder zu einer schnellen Erklärung genötigt. So begann für die damals 22-jährige Inge ein radikal anderes Leben. Von nun an trug sie den Namen Sao Thusandi.

„Was mich wirklich sehr bewegt hat, als ich dort ankam – zuerst in Rangun, dann Hsipaw – war die Freundlichkeit der Leute. Und dann die Farbenpracht ihrer Kleidung. Die ganze Umgebung, alles war farbig und irgendwie positiv und froh.“ 

(Interviewausschnitt, ARD 2020)

Diejenigen, die Myanmar bereits bereisen durften, wissen wovon sie spricht. Sao und Inge verband ein ausgesprochener Gerechtigkeitssinn. Insbesondere Sao war tief mit seinen Landsleuten verbunden. Gleichermaßen hatte ihn die Zeit in den USA geprägt, ihn das repressive Feudalsystem seiner Heimat hinterfragen lassen. Er wollte Lebensbedingungen bessern, das Land aktiv weiterentwickeln, trat für einen burmesischen Fürsten ungewöhnlich großzügig auf. So wurden Schulen gegründet, Bauern mit Reisfeldern ausgestattet, insbesondere Inge setzte sich für eine Verringerung der Kindersterblichkeit ein. In der Zwischenzeit hatten sie selbst Kinder bekommen, zwei Mächen: Mayari und Kennari.

 

Die Wende

Der Shan Staat verstand sich, wie andere Fürstentümer Myanmars, als eigenständig und strebte die Unabhängigkeit an. Bemühungen blieben erfolglos, der gebirgigen Region wurde die Autonomie gänzlich entzogen. Man unterstellte sie der Zentralregierung und dem Zentralmilitär. Menschen in machtvollen Positionen und die Fürsten des Teilstaates wurden abgesetzt. Sao Kya Seng strafte man mit Gefangenschaft. Hier, an diesem Punkt nun, verlieren sich seine Spuren bis heute. Inge Sargent versuchte in Verzweiflung immer wieder Informationen über den Verbleib und das Schicksal ihres (einstigen) Ehemanns zu erlangen. Noch bis heute kämpft sie um das Recht, wissen zu dürfen. Was geblieben ist, sind persönliche Briefe. Durch sie wird Saos persönliche Zeit in Gefangenschaft bruchstückhaft rekonstruierbar.

Anfangs trat Inge Schikanen des Militärs mit Rückgrat und Stärke gegenüber. Die Familie wurde unter Hausarrest gestellt, zunehmend sah sie sich und ihre beiden Töchter selbst in Gefahr. Sie war Mutter, trug nicht nur Verantwortung für ihr eigenes Leben. 1964 gelang ihnen die Flucht zurück in die USA. Inge Sargent trat in einen neuen Abschnitt ihres Lebens ein. 1968 heiratete sie Howard Sargent.

1994 wurde ihre Autobiografie veröffentlicht, Twilight Over Burma. My Life as a Shan Princess. (Übersetzungen: Mein Leben als Sao Thusandi, Prinzessin der Shan (1997)/ Dämmerung über Birma. Mein Leben als Shan Prinzessin (2006)).

Auch heute, mit über 80 Jahren macht Inge Sargent auf die repressiven Lebensbedingungen in Myanmar aufmerksam. Sie unterhält eine Hilfsorganisation, Burma Lifeline. Sie unterstützt Flüchtlinge, die vor der Tyrannei in Myanmar geflüchtet sind, flüchten mussten. Hauptaugenmerk liegt auf der Versorgung grundlegender menschlicher Bedürfnisse, sowie medizinischer Grund- und Notversorgung. So schließt sich der Kreis zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Autorin: Lea Katharina Nagel

 

Nach oben