Ehrenamtlich unterwegs Als Greeter kann man was erleben ...

Greeter sind ehrenamtliche Stadtführer, die einzelnen Gästen ihre Stadt auf ganz persönliche Art und Weise nahe bringen: Mal gibt es einen Spaziergang zu den schönsten Plätzen und Winkeln, mal ist Kaffeehaus-Hopping angesagt. Je nach Wünschen der Gäste wird ein individuelles Programm gestrickt – das oft auf beiden Seiten starken Eindruck hinterlässt. Ein paar Anekdoten ausgewählter Greeter erzählen davon.

Ein Greet: als würde man seinem besten Freund die Stadt zeigen | © Chicago Greeters

Ein Greeter aus Bonn erzählt:

„Die Familie war noch nie weiter als 100 Kilometer von ihrem Dorf am Lago di Bolsena (Mittelitalien) entfernt gewesen. Wir sind von Beuel Süd Richtung Innenstadt spaziert, und sie waren schwer beeindruckt. Dann mit der Personenfähre rüber auf die andere Rheinseite. Der italienische Familienvater begrüßte den Schiffsführer Herrn Schmitz und seine Frau mit Handschlag, wohl weil er meinte, das sei hier ein Dorf wie bei ihnen zu Hause und jeder kennt jeden und zwar richtig gut. So ähnlich wie in 'Crocodile Dundee in New York'.“

Ein Greeter aus Hamburg erzählt:

„Ich machte einen Rundgang durch St. Pauli – mit einem Blinden und seiner Begleiterin. Das war sehr interessant für mich, ganz anders zu denken und zu erzählen – zu beschreiben. Eine tolle Erfahrung für mich. (…) Die unaufgeregte Zone des ehemaligen Brauereiviertels und dann plötzlich die Reeperbahn – laut, Hektik. Ich beschrieb die Reeperbahn und den Spielbudenplatz und berichtete über den jetzigen Leerraum der ehemaligen Esso-Tankstelle. Ich fand es jedenfalls faszinierend zu erleben, wie ein Blinder hört, Eindrücke fühlt und einsortiert.“

Ein Greeter aus Kassel erzählt:

„Eine junge Polin hat, um sich und ihren Vater durchzubringen, eine Betreuungsstelle bei einem demenzkranken Herrn in Kassel angenommen. Sie hat so gut wie keine Freizeit und wenn doch, geht sie zum Bahnhof – nur um mal unter Menschen zu sein. Irgendwie wird sie auf die Greeter aufmerksam und fragt für ihren letzten Tag einen Greet an. Zu zweit zeigen wir ihr die Stadt. Sie fasst zunehmend Vertrauen und man merkt ihr an, dass es ihr im Grunde weniger um die Stadt als um menschliches Verständnis geht. Bei einer Pause lehnt sie zunächst eine Einladung ab, bestellt sich aber auf unser Drängen doch ein kleines Getränk. Bevor wir weitergehen, überreicht sie uns ein winziges Gläschen mit Marmelade als Dankeschön für den Greet.“

Wer selbst an einem Greet interessiert ist oder als Greeter arbeiten möchte, kann sich unter www.deutschland-greeter.de und www.internationalgreeter.org informieren.

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von Solveig Michelsen

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