Leben und Tod, ein goldenes Tempeldach, glitzernde Seide, Kranke und Greise, die den Tod am heiligen Ort erwarten – das alles ist Varanasi: Indien, wo es am indischsten ist und am tiefsten ins Herz geht. Das Westufer des Ganges ist gesäumt von breiten Badetreppen, den Ghats. Dahinter liegen Tempeltürme, alte Paläste, Verbrennungsstätten und die Galis, das labyrinthartige Gassengewirr der Altstadt. Magisch ist die Stunde vor Sonnenaufgang, wenn sich der Himmel über dem unbebauten Ostufer rötlich färbt und Hunderte von Schälchen aus Blättern mit kleinen Ölflammen flussabwärts treiben. Varanasi ist benannt nach den beiden Flüssen Varuna und Asi, die hier in den Ganges münden. In den alten vedischen Schriften heißt die Stadt Kashi, Ort des Lichts. Sie gilt als älteste durchgängig bewohnte Stadt der Welt, so alt wie Menschengedenken. Für Hindus ist sie das Tor zu Moskha, zur Befreiung der Seele, jeder gläubige Hindu kommt ein mal im Leben her. Es heißt, wer in Kashi stirbt und verbrannt wird, entgeht dem Kreislauf der Wiedergeburt und gelangt auf direktem Weg ins Nirwana.