HistorieHappy Thanksgiving?

Thanksgiving, wichtigstes Familienfest in den USA © shutterstock.com/ save nature and wildlife

»Thanksgiving«. Bilder von leuchtend-braunen Truthähnen, Kerzenschein, glücklich lächelnden Familien. Betrachtet man die Wurzeln der US-amerikanischen Tradition genauer, offenbart sich das „bigger picture“: Es ist weniger süßlich als von Chauvinismus & Brutalität geprägt.

 

Das Fest

 

Thanksgiving („Die Dank-Sagung“) ist tief verwutzeltes, charakteristisches Brauchtum der USA. Der staatliche Feiertag wird jedes Jahr am 4. Donnerstag des Monats Novembers gefeiert. Dieses Jahr trifft es damit den 25.11.201. Es ist das wichtigste Familienfest des Jahres, hat einen stark nationalen und verbündenden Charakter. Rund um Thanksgiving sind Flughäfen, Bahnstationen und Highways in den gesamten USA überfüllt bis verstopft. Die Generationen versammeln sich, man strömt nach Hause. Es ist ein Fest der Gemeinschaft, neben Familienmitgliedern werden zurückgebliebene Freunde & enge Bekannte dazu gebeten.

Im Zentrum steht ein oppulentes Mahl, man kennt die Bilder: Hauptattraktion ist der gold-braun gebratene Turkey. Der riesige, vorher meist tiefgefrorene, Vogel bringt gut und gerne 10kg auf die Waage. Dazu gibt es überwiegend spätherbstliches, saisonales Gemüse: Kürbis, Kohl, Süßkartoffeln, Äpfel, Karotten, aufgepeppt mit Nüssen & nicht zu vergessenden Cranberriesauce. Glasiert, Frittiert, gebraten – die kulinarischen Variationen sind zahllos.

 

Die Hintergründe

 

Die Ursprünge des Festes verortet man im 16 .- 17. Jahrhundert, wobei es unterschiedliche Ansichten des „tatsächlichen Startschusses“ gibt. Zusammengefasst: Sie münden in der Entdeckung und Landung spanischer wie englischer Expeditionsreisender in Nordamerika. Die Landung in der sog. „Neuen Welt“. Hier fallen Namen wie die des spanischen Conquistadors Francisco Vásquez de Coronado oder des englischen Seefahrers Martin Frobisher.

In den USA und Kanada einigte man sich mehr oder minder auf eine Geburtsstunde im Jahr 1621. Die Erzählung: Die Pilgerväter feierten gemeinsam mit den einheimischen Indianern des Stammes der Wampanoag Vereinigung und Brüderlichkeit. Stattgefunden in Plymouth, einem Ort im Bundesstaat Massachusetts, gelegen am Ostzipfel der USA.Die Wampanoag waren und sind bis heute dort beheimatet.

Was weniger bekannt ist: Die Ureinwohner bekämpfen fortwährend diese romantisierende Darstellung. Die Kolonisten seien weniger Brüder gewesen, als durch Habgier, Mordlust und Chauvinismus geprägte Eindringlinge in jahrhundertealte Traditionen. Historiker schließen sich dieser festlichen Entzauberung an. Dabei werden auch spätere Belege angeführt: Gouverneur John Winthrop feierte 1637 das sog. "Thanksgiving-Fest" aus abscheulichen Motiven: Besungen und betrunken wurde dabei das Massaker an über hundert indianischen Männern, Frauen und Kinder des südöstlich beheimateten Pequot Stamms.

 

Die Realität

 

Vor nicht allzu langer Zeit, 1970, schlossen sich deshalb Indianerverbände zusammen: Sie erklärten das heimelige Erntedankfest zum National day of Mourning, zu einem »Nationalen Trauertag«. In Gedenken an die grausamen Taten der Missionare an ihren Vorvätern und -müttern. Zeremoniell manifestiert im besagten Plymouth. Nicht nur historische Wurzeln stehen dem süßlichen Mythos entgegen, denn die Realität sieht häufig so aus: Der Fernseher läuft über den Abend und archaische Traditionen wie »Wishboning« werden aktiv gepflegt. Dabei handelt es sich um einen kleinen Wettkampf von zwei Personen. Gemeinsam bricht man das Schlüsselbein des Truthahns. Wem dabei das größere Stück des Knochens in die Hände fällt, der sei im nächsten Jahr mit Glück gesegnet.

Thanksgiving ist nicht nur zu kritisierenGemeinschaft, Familiensinn & Zusammenhalt  haben in den Wohnzimmern Platz, werden gewürdigt und gefeiert. Die Deabatte erinnert daran, wie wichtig Tradition und Brauchtum im Kleinen und Großen für eine Gesellschaft sind.  Ebeneso wie das Hinterfragen von Historie und gelebten Werten.

Autorin: Lea Katharina Nagel



 

 

Nach oben