Unsere AutorenMichael Möbius und Annette Ster

Quelle: © Michael Möbius und Annette Ster

Michael Möbius und Annette Ster sind für DuMont Reise unterwegs in Norwegen und Thailand.

Was hat Sie zum Reisen und Schreiben gebracht?

Am Anfang stand für beide von uns – und in jungen Jahren natürlich noch ganz unabhängig voneinander – der Traum vom Reisen, zu dem sich später der Wunsch gesellte, auch davon leben zu können, was seinerzeit freilich ein Luftschloss war. Leichter zu realisieren waren eine Ausbildung zur Fotografin bzw. ein Studium der Volkswirtschaft, doch als das anschließende Arbeitsleben seinen zwar sicheren, aber eben auch langweiligen Lauf nehmen wollte, trat der Zufall in Form einer Anzeige in einem Globetrotter-Magazin in unser Leben: „Autor für einen Reiseführer gesucht“. Das war unsere Chance, aus dem noch immer vage am Zukunftshimmel schwebenden Luftschloss eine feste Burg zu bauen, wir legten uns entsprechend ins Zeug, erhielten den Zuschlag und sprangen spontan auf diesen Zug auf, der uns im Laufe der kommenden 30 Jahre kreuz und quer über alle Kontinente führen sollte. Und weil er bis jetzt nicht angehalten hat, fahren wir noch heute (und hoffentlich ein Leben lang) weiter, auch wenn wir gegen Ende der 1980er-Jahre schon die Klasse gewechselt haben.

Wie kam es zu Ihrem ersten Reiseführer bei DuMont?

Seinerzeit nämlich boten wir dem DuMont Reiseverlag einen Landschafts- und Trekkingführer über den indischen Himalaya an und erhielten daraufhin den Auftrag für einen Reiseführer über Gran Canaria, weil wir dort im Sinne des Wortes bewandert waren. Zum Schreiben zogen wir uns in die inspirative Stille des hohen skandinavischen Nordens zurück. Hier verliebten wir uns unsterblich: in die Mitternachtssonne und die Polarnacht, die Weite und die endlosen Wälder, doch vor allem in die großartige Berg- und Meerlandschaft von Nordnorwegen. Das klingt romantisch und altmodisch, aber so hat es sich abgespielt. Weil selbst Nomaden immer wieder mal einen Rast- und Ruhepunkt brauchen, ließen wir uns kurzentschlossen auf den Lofoten nieder, dem in unseren Augen schönsten Fleck auf Erden. Zwei neue Aufträge über Nord-Skandinavien ließen nicht lange auf sich warten; es folgte ein weiterer Reiseführer über Gran Canaria, dann Südnorwegen, schließlich ganz Norwegen nebst Hurtigruten und Oslo sowie, weil wir auch den Tropen stets innig verbunden blieben, über Südthailand.

Was interessiert Sie am Reiseführerschreiben?

Reisen und Schreiben, und zwar in dieser Reihenfolge, sind unsere großen Leidenschaften. Doch bezogen aufs Schreiben war das nicht immer so, sondern wurde von uns zu Anfang eher als notwendiges Übel angesehen: no money, no honey. Also fügten wir uns dem Schicksal, das wir plötzlich gar nicht mehr so rosig fanden. Doch mit jeder gelungenen Manuskriptseite kehrte ein wenig Farbe zurück, und als der erste Reiseführer stand, war alles wieder rosarot. Wir brannten vor Ungeduld, erneut auf Reise zu gehen. Nunmehr hatten wir etwas zu sagen, mitzuteilen, wodurch nicht selten im atemberaubenden Wirbel von Ländern, Menschen und Geschichten verwischte oder gar untergegangene Bilder wieder zu neuem Leben erwachten, so dass wir die Reise nach der Reise noch einmal und in anderer Qualität, oft auch mit schärferen Konturen als ursprünglich erlebt, nachempfinden konnten. Das bereitet uns bis heute Freude – und hoffentlich auch anderen.

Welche Beziehung haben Sie zu Norwegen und Thailand?

Unsere Beziehung sowohl zu Norwegen als auch Thailand (und den allermeisten sonst noch bereisten Ländern) wird am prägnantesten durch unsere Version eines berühmten Wortes beschrieben: „Kommen, sehen, staunen, lieben“.

Nach welchen Kriterien wählen Sie die Inhalte Ihrer Reiseführer aus?

Um alles Sternchengeschmückte und verdächtig Bekannte kommt man weder bei Sehenswürdigkeiten noch Adressen herum. Aber das allein bringt weder uns noch später dem reisenden Leser dieses Gefühl, das sich einstellen kann, wenn man plötzlich wirklich drin ist in einer Stadt, einer Landschaft, einem Land und ihren Menschen. Uns geht es um Entdeckungen, die genau dort hinführen und die in keiner Hochglanzbroschüre, auf keiner Website und über keine App zu finden sind.

Was packen Sie in Ihren Koffer, wenn Sie nach Norwegen oder Thailand fahren?

Schwer zu sagen, denn einen Koffer haben wir nie besessen, aber reisen wir nach Norwegen, mithin nach Hause, decken wir uns zuvor in Deutschland gerne mit guten Tees und Rübenkraut ein sowie – natürlich nur im erlaubten Umfang – mit Tabak und alkoholischen Getränken … Steht hingegen Thailand an, reichen im Prinzip die Zahnbürsten, da wir alles, was wir dort gerne hätten, vor Ort viel günstiger bekommen.

Was ist in ihrem Koffer, wenn Sie aus Norwegen oder Thailand zurückkommen?

Trockenfisch und ihr unverwechselbarer Duft füllt unsere Rucksäcke wenn wir aus Norge zurückkehren, wohingegen Currypasten und Chilis, Zitronengras, Kha-Wurzeln und andere Grundsubstanzen der unvergleichlich leckeren Thai-Küche bei Rückkehr aus Thailand angesagt sind.

Was unternehmen Sie, wenn Sie die Recherche vor Ort beendet haben?

Dann reisen wir weiter, erst schreibend und anschließend am liebsten monatelang bzw. solange das Geld reicht – vorzugsweise mit dem Fahrrad, Kanu, Kajak und per pedes – an Orte, wo immer wir noch nicht gewesen sind oder wo wir gerne noch einmal wieder hin wollen. Dies aber nicht, wie Daheimgebliebene oft zu wissen glauben, um vor uns selbst zu fliehen, sondern um ganz bei uns zu sein, wie ein ruhender Pol oder wie das stille Auge im Zentrum des Bildersturms inmitten der immerwährenden Bewegung und der sich ständig verändernde Flut der Eindrücke des Reisens. Und das hat Suchtpotential.

Ihr beeindruckendstes Erlebnis während der Recherche?

Nur eins ist vergleichbar mit der langen, sanften Euphorie, die sich einstellte, als wir zum ersten Mal zur Zeit der Mittsommernacht mit unseren Kajaks in die endlose Weite des offenen Nordmeeres hinausglitten: Der flash, der uns traf, als zum ersten Mal seit über 30 Tagen Polarnacht die wie eine riesige Banane geformte Sonne aus dem Horizont stieg und die vereiste Bergwelt der Lofoten minutenlang in ein homerisches Licht tauchte.

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