Reportage

MallorcaKlosternächte

Abendlicher Blick auf das Kloster ©shutterstock.com/Florian_Schuetz

Das Kloster Santuari de Lluc liegt inmitten des Gebirges der Serra de Tramuntana in der Gemeinde Escorca. Seine Geschichte reicht in das 13. Jahrhundert zurück, es gilt als einer der wichtigsten mallorquinischen Wallfahrtsorte, eignet sich hervorragend als Ausgangspunkt für Wandertouren und ist es trotz hoher Besucherzahlen wert hier mindestens eine Nacht zu verbringen.

 

Circa 35 km nordöstlich von Palma führt eine kurvenreiche Straße zu der prächtigen Anlage. Umgeben von hohen Bergen, hat sich hier ein Ort des Trubels und der Ruhe etabliert. Der Gipfel des Massanellas ragt hoch in den Himmel - mag man an Gott glauben oder nicht, mit Natur und interessanter Geschichte gesegnet, ist diesem Ort eine besondere Energie anheim.

 

Das Heiligtum Santuari de Llucs ist die Mare de Déu de Lluc( Gottesmutter von Lluc), eine 61cm große schwarze Madonnenfigur, die heute hinter dem Hauptaltar der Wallfahrtskirche aufbewahrt wird. Von den Einheimischen wird sie nur La Moreneta, die kleine Braune, genannt. Um sie und die damit verbundene Klostergründung, rankt sich eine Legende, der man in abgewandelter Form so häufiger an christlichen Refugien auf der Baleareninsel begegnet. Im Jahr 1229 soll sie der arabische Hirtenjunge Lluc („Lucas“) unweit der heutigen Anlage im Gestrüpp des Bachlaufs gefunden haben - seine Familie war kurz zuvor im Zuge der Reconquista zum Christentum konvertiert. Lluc übergab sie dem Priester von Escorca und nachdem sie mehrmals verschwunden und wieder in der Natur aufgefunden wurde, errichtete man der Madonna zu Ehren eine kleine Kapelle. Obwohl so ein Wunder ausreichen mag, ist der Grund für die enorme Beliebtheit des Klosters durchaus erstaunlich: Bereits im Jahr 1273 beschwerte sich der Finca-Besitzer über lärmende Pilgerscharen, die auf seinem Grund kampierten, um das Heiligtum zu bewundern. Was er wohl zu den heutigen Zeiten gesagt hätte?

 

Aus der kleinen Kapelle hat sich ein gewaltiger Komplex entwickelt, wobei die meisten Bauten aus dem 16., 17. und 18. Jahrhundert stammen. Das Zentrum bildet die Basilika, deren Grundstein 1622 gelegt wurde. Nachdem Stück für Stück einzelne Elemente wie der Hauptaltar hinzukamen, wurde sie schließlich knapp 300 Jahre später, im Jahr 1914, offiziell eingeweiht. Bei der Innenausstattung hatte auch der bekannte spanische Architekt Antonio Gaudí seine Finger im Spiel.

Santuari de Lluc erstreckt sich über mehrere Flügel, Höfe, Gebäude und Nebengebäude. Fassaden und Innenräume folgen einem stilistischen Mix aus Renaissance, Barock und Neobarock. Untergebracht sind nicht nur Kirche und Konvent, sondern auch ein Gymnasium, ein Internat und ein kleines Museum. Ehemalige Klosterzellen wurden saniert und zu einem Hotel umgestaltet, auf dem Vorplatz gibt es ein nettes Café und eine heimelige Bäckerei. Eingestellt auf BesucherInnen aus aller Welt, verfügt das Kloster heute über 81 Gästezimmer und 39 Apartments, die meisten von ihnen sind recht einfach gehalten. Außerdem gibt es einen für mallorquinische Verhältnisse seltenen Zeltplatz, dessen Versorgungsinfrastruktur jedoch sehr bescheiden ausfällt. Musikinteressierte wird es außerdem freuen, dass hier international bekannter Chornachwuchs ausgebildet wird, die El Blauets. Im 16. Jahrhundert als reiner Knabenchor gegründet, sind seit 2006 auch Mädchen zugelassen. Sie treten in regelmäßigen Abständen auf, doch mit etwas Glück kann man bei einem Besuch den jungen Stimmen beim täglichen Üben lauschen.  

 

Es ist nicht zu leugnen, dass Santuari de Lluc sich in einem Geflecht zwischen Kommerz und Glaube bewegt, wie es vielen bekannten Wallfahrtsorten gemein ist. Andenkenläden, zahlreiche Restaurants und Unterbringungen in der Umgebung sind zur Haupteinnahmequelle vieler BewohnerInnen der Gegend geworden. Sowohl Pommesbuden als auch weitläufige Parkplätze sind - insbesondere in der Hauptsaison - an Scharen von TagestouristInnen eingestellt. Es ist ein bisschen Mut ist gefragt, um sich nicht vom ersten Eindruck abschrecken zu lassen. Sind die letzten AusflüglerInnen und Busse abgezogen, entfaltet sich hier ein herrlicher Ort der Ruhe. Springbrunnengeplätscher, liebevoll gepflegte Gärten und herber Kräuterduft vermischen sich zu dem, was man sucht ohne es zu suchen. Wenn die Sonne sich gen Horizont neigt, ist der Ausblick von einer der Erhebungen rundherum friedlich. Hier kann man sich selbst begegnen, abseits des Gewohnten, des Alltags und Routinen.

 

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