von Christian Nowak

VulkanismusLeben über dem Hot Spot

Ausbruch des Eyjafjallajökull 2010 © MLiberra / istock.com

Island ist das jüngste Land Europas. Geologisch betrachtet befindet sich die Insel praktisch noch im Babyalter. Deshalb verändert sich Island auch noch ständig, vor allem durch Vulkanausbrüche.

Island liegt genau auf dem mehr als 20 000 Kilometer langen Mittelatlantischen Rücken. An dieser Plattengrenze driften die nordamerikanische und die eurasische Kontinentalplatte mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von zwei Zentimetern pro Jahr auseinander. Durch diese Spreizung des Meeresbodens gelangt laufend Magma an die Oberfläche, das die Lücke wieder schließt. Besonders eindrucksvoll ist die Grenze zwischen den Kontinentalplatten in der Allmännerschlucht im Nationalpark Þingvellir zu sehen: Nirgendwo sonst ist die Plattentektonik anschaulicher als an dieser Nahtstelle zwischen Amerika und Europa.

Die größte Vulkaninsel

Die Grenze zwischen nordamerikanischer und eurasischer Kontinentalplatte verläuft in Island vom äußersten Südwesten bis in den Nordosten. Dies führt zu einem rund 50 Kilometer breiten, geologisch höchst aktiven Streifen, auf dem zahlreiche Vulkane, heiße Quellen, Hochtemperaturgebiete und seismische Aktivitäten vorkommen. Zudem liegt unter Island noch ein Hot Spot, der besonders viel Magma aus dem Erdinnern an die Oberfläche befördert. Die Geburtsstunde der Insel liegt ungefähr 15 bis 20 Millionen Jahre zurück, als die ersten unterseeischen Vulkane die Wasseroberfläche durchbrachen. Seitdem sind die Platten stetig weiter auseinandergedriftet. Diese wenigen Zentimeter pro Jahr haben schließlich nach und nach dazu geführt, dass Island heute eine Fläche von gut 100 000 Quadratkilometern hat und zur größten Vulkaninsel weltweit herangewachsen ist.

Das stetige Auseinanderdriften hat zur Folge, dass sich die ältesten Teile der Insel im äußersten Osten und Westen befinden. Das älteste Gestein, rund 14 Millionen Jahre alter Basalt, wurde in den Westfjorden gefunden. In diesen weit von der Plattengrenze entfernten Gebieten gibt es keine aktiven Vulkane mehr, sondern nur noch vereinzelt postvulkanische Aktivitäten. Hier ist die Landschaft zudem deutlich von der letzten Eiszeit geprägt.

Aktiv und gefährlich

Der Vulkanismus auf Island ist immer wieder faszinierend anzusehen, doch er hat die Bevölkerung schon mehr als einmal in tiefe Not gestürzt. Nach dem Ausbruch der Laki- Krater erwog man sogar, die ganze Insel zu evakuieren.

Seit der Besiedlung vor 1100 Jahren gab es durchschnittlich alle fünf Jahre einen Vulkanausbruch. Geologen gehen davon aus, dass rund ein Drittel der weltweit von Vulkanen geförderten Lava in Island ausgetreten ist. Oft sind die Folgen von Vulkanausbrüchen hier besonders verheerend, denn der größte Gletscher Europas, der Vatnajökull, liegt auf der Plattengrenze und bedeckt einige der aktivsten Vulkane mit einer mehrere hundert Meter dicken Eisschicht. Brennt sich Lava duch diesen Eispanzer, kommt es zusätzlich noch zu verheerenden Gletscherläufen.

Für Geowissenschaftler ist Island eines der spannendsten Gebiete auf der Welt. Wie in einem riesigen Freilandlabor können sie hier die Vorgänge in einem extrem aktiven Teil der Erdkruste beobachten. So lassen sich Rückschlüsse auf die Vorgänge im Erdinneren und die Entstehung der Erde ziehen. Doch obwohl die Wissenschaftler viele Vulkane mittlerweile regelrecht verkabelt haben und eine Vielzahl von Parametern im Auge behalten, können sie Ausbrüche immer noch nicht langfristig vorhersagen – bei Erdbeben gibt es praktisch überhaupt keine Vorwarnmöglichkeiten.

Faszinierende Vielfalt

Auf Island gibt es so gut wie alle Vulkantypen. Nach der Art des Magmenzufuhrsystems unterscheidet man zwischen Spaltenvulkanen und Zentralvulkanen.

Bei Spaltenvulkanen tritt die Lava entlang einer kilo me ter langen Spalte aus, dabei können auch kleine Krater entstehen. Auf den Westmännerinseln öffnete sich 1973 solch eine Spalte, auch die Feuerschlucht Eldgjá und die Laki-Spalte sind von diesem Typ.

Zentralvulkane können unterschiedliche Formen haben: Stratovulkane erkennt man am perfekt geformten, relativ steilen Kegel. In Island sind dies Snæfellsjökull, Eyjafjallajökull, Öræfajökull und der Hvannadalshnúkur die alle unter dem Eis liegen. Dünnflüssige Lava bildet eher Schildvulkane mit flachen Hängen.

Am Mývatn gibt es sogenannte Pseudokrater. Dies sind keine echten Vulkane, denn sie haben keinen Schlot, durch den Lava ausgetreten ist. Sie entstanden durch Lavaströme, die über feuchten Untergrund oder flache Seen flossen. Durch die Hitze verdampfte das Wasser explosionsartig und sprengte die darüber liegende Lava weg.

Postvulkanische Aktivitäten wie Solfataren, Fumarolen, heiße Quellen und Geysire entstehen, wenn sich Magma im Erdinneren abkühlt und dabei Gase und Dämpfe freisetzt, die durch Spalten und Risse bis an die Erdoberfläche dringen.


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