Reportage

Papua, Indonesien Die Dani – leben wie in grauer Vorzeit

Der Stämme der Dani haben sich viel von ihrer Ursprünglichkeit bewahrt ©shutterstock.com/David Evison

Die Dani, ein indigenes Volk im Hochland von Papua, Indonesien, ist für ihre einzigartige Lebensweise und Kultur bekannt – seit Jahrhunderten hat sich daran kaum etwas geändert. Rund 50 000 - 100 000 von ihnen leben heute im fruchtbaren Baliem-Tal in Westguinea. Sie gelten als einzigartiges Beispiel für kulturelle Kontinuität.

 

 

 

Bevor der amerikanische Zoologe und Richard Archbold 1938 auf das Hochland-Tal stieß, blieben auch die Dani von der restlichen Welt unentdeckt. Ursprünglich lebten sie als halbnomadische Jäger und Sammler an der Küste, bevor sie sich aufgrund kriegerischer Auseinandersetzungen in das Hochland zurückziehen mussten. Die Dani sind zwar heute sesshaft, doch seit der grauen Vorzeit ihrer Ahnen und Urahnen hat sich wenig verändert.

Als erfahrene Ackerbauern leben sie nach wie vor in von dichten Hecken und Lehmwällen umgebenen Runddörfern mit getrennten Frauen- und Männerbereichen – die strohbedeckten Hütten der Männer (honai) findet man meist an der Stirnseite,  gegenüber des Dorfeinganges, die kleineren Hütten (hinila) der Frauen, Kleinkinder und Schweine an der Längsseite. Als Stammes-Oberhäupter fungieren ausgewählte Männer, die sich durch besondere Kenntnisse wie Mythologisches Wissen oder persönliche Fähigkeiten wie Mut, Großzügigkeit oder Weisheit auszeichnen. Die Dani leben eine polygame Gesellschaftskultur, wobei es trotzdem so etwas wie „Kernfamilien“ gibt, die allerdings nicht zusammenleben und die Kinder dementsprechend die ersten Jahre fast ausschließlich bei der Mutter verbringen. Jungen ziehen im Zuge aufwändiger und festgelegter Initationsriten im Alter zwischen sechs bis zehn Jahren in das Männerhaus ein, Mädchen bleiben bis zu ihrer Hochzeit bei der Mutter. In der patriarchalisch organisierten Gesellschaft sind Frauen für den Großteil der alltäglichen Arbeit zuständig, während es in der Verantwortung der Männer liegt Hütten zu bauen und neue Felder anzulegen. Da das allerdings selten zu erledigen ist, sieht man sie häufig zusammensitzen, Schmuck fertigen und stundenlang palavern, während die Frauen die Feldarbeit verrichten und die Kinder aufziehen.

 

Die wesentliche Lebensgrundlage der Stämme liegt in der traditionellen Landwirtschaft und Schweinezucht verankert. Dani bauen auf kunstvoll angelegten Terrassenfeldern unter anderem Taro, Maniok, Bananen, allen voran jedoch Süßkartoffeln an. Die Flächen werden mittels Brandrodung nutzbar gemacht und waren traditionell zwischen den einzelnen Clans aufgeteilt und wurden rechtlich zugesichert. In den letzten Jahrzehnten gab es jedoch immer wieder Spannungen bezüglich der Landrechte, die maßgeblich durch die Bestrebungen externer Unternehmen hervorgerufen wurden.

Ein integraler Bestandteil ihrer Kultur sind Schweine, die der wertvollste Besitz eines Stammes und so etwas wie die zentrale Währungseinheit der Baliem-Region sind. Die Dani nutzen sie nicht nur als Nahrungsquelle, sondern auch als Tauschmittel oder als Symbol von Reichtum und dem sozialen Status einer Familie. Zu Hochzeiten, Trauerfeiern und religiösen Festen veranstalten sie aufwendige Schweinefeste, bei denen nicht selten mehrere Dutzend von ihnen geschlachtet und in Erdlöchern gekocht werden.  Der Name der heutigen Provinzhauptstadt Wamena, in der aktuell rund 32.000 Menschen leben, leitet sich vom Dani-Wort für Schein, Wam, ab und bedeutet so viel wie „Ort der Schweine‘.

Obwohl man aufgrund moderner und missionarischen Einwirkens in der Vergangenheit immer mehr Dani auch mit westlichen Kleidungsstücken sieht, ist ihre Bekleidung doch im Kern weitestgehend traditionell geblieben. Trotz der niedrigen Temperaturen des Hochland-Klimas sind die Männer nur mit einem Penisköcher (koteka) aus Stielen der Kürbisart Kalebasse bekleidet, Frauen tragen einen kurzen Rock beziehungsweise Schamschutz (yokal) aus kunstvoll geflochtener Rinde oder anderen Pflanzenfasern. Schönheitspflege und Aussehen sind wichtiger Bestandteil der Identität und des individuellen Ausdrucks beider Geschlechter. Sie schmücken Kopf, Nase und Brust mit bunten Vogelfedern, Knochen, Kaurischnecken, Wildschwein-Stoßzähnen und Muscheln, um Eigenschaften wie Mut und Fruchtbarkeit zur Schau zu stellen.

 

Die Geschichte der Dani bietet bis heute einen faszinierenden Einblick in die Tiefe menschlicher Kultur. Obwohl ihre Tradition überwiegend authentisch geblieben ist, ist auch sie ist dem Rad der Zeit, Machtbestrebungen, Klimawandel und sozioökonomischen Veränderungen unterzogen. Reich an Symbolik und bedeutungsschweren Praktiken, laden sie dazu ein den Reichtum indigener Gemeinschaften mehr zu verstehen, zu schätzen und zu schützen.

 

Autorin: Lea Katharina Nagel

 

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