Feste InternationalDas »Tét-Fest«

Opferzeremonie im Tempel, 2. Tag © picture alliance/DUMONT Bildarchiv/ Axel Krause

Das »Tét-Fest« gilt als der wichtigste Feiertag der Vietnamesen. Es ist das traditionelle Neujahrsfest und wird zeitversetzt zu unserem westlichen Zyklus begangen. Drei Tage lang prägen Bräuche, Ferien, Ausnahmezustand die Gesellschaft - am 1. Februar 2022 ist es soweit. 

 

Die Nacht von 31.12. – 01.01.2022 steht vor der Tür: Überall auf der Welt wird das neue Jahr spektakulär begrüßt. Wiener Walzer, Strandparty, Konzerte, Karneval, Baden im Meer. Ob in Sydney, London, Hamburg, Rio de Janeiro, Kapstadt oder Madrid.

 

Doch nicht alle Länder dieser Welt vollziehen den Jahreswechsel gemäß dieser Daten. So auch Vietnam. Das traditionelle Neujahrsfest »Tết Nguyên Đán« findet meist 1-2 Monate zeitversetzt zu unserem Silvester statt, dauert drei Tage, ist nationalweit der wichtigste Feiertag und höchstes Familienfest. Der vietnamesische Kalender wird nach dem Monkalender berechnet und ist deutlich an die chinesische Astrologie angelehnt. Demnach werden die Jahre nach Tieren und Fabelwesen benannt (Schlange, Pferd, Drache, Katze, Ratteusw.) und mit Elementen (Holz, Metall, Erde, Feuer) verknüpft. Aktuell, begonnen -  am 12. Februar 2021 - haben wir das Jahr des Metall- Wasserbüffels. Am 1. Februar 2022 wechselt es in das Wasser-Tiger - Jahr.

 

3 Phasen

 

»Tét« wird im Wesentlichen in drei Perioden gegliedert:

 

  1. Tát Niên (Die Vorbereitung): Hier heißt es aufpolieren, sich von Altlasten befreien & vorsorgen. Bereits Wochen, manchmal Monate vor Tét wird neue Kleidung gekauft, Vorräte werden angelegt, Schulden zurückgezahlt.
  2. Giao Thùra (Der Vorabend): Die heiße Phase beginnt. Das Haus wird von Grund auf gereinigt und aufgeräumt, an den Festtagen selbst ist das verboten. Hausschmuck wird aufgehängt, es wird üppig mit Blumen dekoriert. 
  3. Tân Niên (Die drei Festtage): Am ersten Tag wird in das eigene Heim geladen. Wie bereits erwähnt bevorzugt Menschen, die als Glücksbringer gelten oder im vergangenen Jahr besonders von Glück gesegnet waren. An diesem Tag sind selbst die Straßen in Hồ Chí Minh-Stadt menschenleer. An Tag zwei und drei folgt der Kontrast: Die örtlichen buddhistischen Tempel werden reich besucht, man isst auswärts bei Verwandte und Freunde, Kinder spielen ausgelassen, Tanzaufführen prägen das Straßenbild.

Charakteristika & Brauchtum

 

Kennzeichnend für Tét ist der deutlich traditionell-spirituelle Charakter. Glaube und Aberglaube, feste Bräuche sind markant. Streit, Disharmonie und Fluchen gilt es strikt zu vermeiden. Übrigens ausdrücklich auch das Schmeißen von Geschirr, insbesondere Porzellan. Ein deutlicher Verweis auf hitzige Partnerschaften. Die erste Person, die am ersten Festtag das Haus einer Familie betritt, sollte als möglichst gutherzig, wohlwollend und sympathisch gelten – ein Glücksomen für die die kommenden 365 Tage. Kinder bekommen am ersten Tag von den Ältesten einen roten Umschlag mit Geld, das sie meist noch während der Feierlichkeiten unter Spielwarenhändler bringen.

In den Tempeln und Pagoden wird Sandelholz verbrannt, Geld geopfert, Zukunftsvoraussagen gemacht, Tanzgruppen treten auf. Hier begegnet man den verstorbenen Seelen, die nur an diesem Tag die Erde besuchen. Sie treffen „pünktlich“ um 12 Uhr Mitternacht ein, werden von vielen Familien mit roten Bannern vor dem Haus begrüßt.

Die Märkte und Häuser sind bereits Wochen vorher blumenüberseht. Übliche ist im südlichen Teil das Schmücken mit gelb blühende Aprikosenzweigen (»canh maï«), im nördlichen mit zartrosanen Pfirsichzweigen (»canh dào«). Zu essen gibt es báhn chung, Kleibreiskuchen. Gefüllt mit Schweinefleisch, zerstampften Mungobohnen und je nach Vorliebe und Region weiteren Zutaten. Eingewickelt in »lá dong«, saftig grünen Pfeilbaumblättern und zugeschnürt mit Bast. Sie sehen aus wie kleine Geschenke.

Autorin: Lea Katharina Nagel 

 

Nach oben