Reportage

SüdafrikaDer Kruger Nationalpark

Das Kruger Gate ©shutterstock.com/Dirk_M._de_Boer

Die Geschichte des Kruger Nationalparks im Nordosten Südafrikas zeigt, dass Natur-und Umweltschutz keine neumodischen Erscheinungen sind. Der Eingriff des Menschen hat hier bereits im 19. Jahrhundert die Alarmglocken weniger bewusster Bürgerinnen und Bürger aufschrillen lassen. Das Ergebnis dieses historischen Engagements dürfen wir noch heute bewundern.

 

Ende des 19. Jahrhunderts nahmen Wildtierbestände in Südafrika drastisch ab. Die Großwildjagd war ein beliebter Sport, Elfenbein, Felle, und Fleisch begehrte Güter. Nicht selten galten sie als Feinde oder Futterkonkurrenten für die Herden der Farmer und fielen Schrotkugeln zum Opfer. Trotz dieser teils feindlichen Haltung wuchs ebenso der Grad an Besorgnis über massive Tierschwünde innerhalb der Bevölkerung. Druck auf die Regierung wurde ausgeübt. Der damalige Volksraad konnte sich nicht verwehren und beschloss ein entsprechendes Gesetz, das Teile des heutigen Nationalparkgebiets als Schutzzone auswies. Die Gründung erfolgte am 26. März 1898 unter dem Namen Sabie Game Reserve, einer Fläche, die dem heutigen Südteil des Parks entspricht. Ausgeweitet auf knapp 20.000km2, einem Gebiet das zwei Drittel Belgiens entspricht, gehört der Kruger Park heute zu den größten Wildschutzgebieten Afrikas. Er liegt in den nationalen Provinzen Limpopo und im östlichen Teil Mpumalangas.


Der Name, der (fälschlicherweise) häufig als Krüger-Nationalpark angegeben wird, ist weniger eine Hommage an einen Naturschützer als glühenden Großwildjäger. Paulus Kruger, in Afrikaans auch Oom Paul („Onkel Paul“) genannt, war von 1882 -1902 Präsident der Südafrikanischen Republik. Zum Ende seiner Amtszeit hin wurde der erste Ranger eingesetzt, der Ire James Stevenson-Hamilton. Die spätere Namensgebung des Parks war seine Idee und ein kleiner Geniestreich wie man sagen würde. Der passionierte Naturschützer war sich bewusst, dass heftige Gegenwehr aus Reihen der Trophäenjäger vorprogrammiert war - ein Schutzgebiet und damit verbundenes Jagdverbot war ganz und gar nicht nach ihrem Geschmack. Wilderer, Landwirte und Politiker wehrten sich massiv gegen Restriktionen. Bergbauunternehmer wollten weiterhin das Gestein nach seltenen Mineralien und Gesteinsvorkommen erkunden.  Stevenson-Hamilton erreichte über die Jahre ein Unterbinden von Viehtrieb und der Ausbeutung von Bodenschätzen gleichermaßen wie die flächenmäßige Ausweitung des Gebiets. 1926 wurde der Status eines Nationalparks verliehen, mit dem einhergehenden Vorschlag der Benennung nach Kruger und nicht zu unterschätzender Unterstützung der Polizei, schuf der eingewanderte Ire allmählich Popularität  und gesellschaftliche Akzeptanz. Auch in den Reihen der Wilderer: Denn Großwildjäger Kruger wurde zum Symbol von Tier-und Artenschutz gewandelt.

 

James Stevenson-Hamilton wiederum wurde durch die Eingeborenen der Spitzname Skukuza zuteil, was übersetzt so viel wie Neuer Besen bedeutet und frischen Wind brachte er wahrlich: Jahrzehntelange Paradigmen wurden durch sein Handeln auf den Kopf gestellt, er legte den Grundstein für ein damals revolutionäres Bewusstsein, das auch aktuell dringlich benötigt wird. Heute ist Skukuza das Hauptcamp und Verwaltungssitz des Parks.

In den letzten 100 Jahren wurde viel Arbeit und Wissen in die Entwicklung des Parks gesteckt. Begonnen mit einem geplant kontrolliertem Wildmanagement-System, das gezielte Brandrodung und Tierabschuss (sog. Culling) umfasste, ging man über zu einer Strategie des natürlichen Ökosystemmanagements. Ziel dabei ist es, menschliche Einflüsse auszugleichen und nur in Notfällen aktiv einzugreifen. Neue Forschungen verweisen darauf, dass sich Wildtierpopulationen bei Großflächen wie es beim Kruger-Park der Fall ist, durch natürliche Nahrungsvorkommen und das Räuber-Beute-System über Jahrzehnte eigenständig regulieren. So konnte sich eine spektakuläre Tier- und Pflanzenwelt erhalten und entwickeln. Deutlich über 100 Säugetierarten, inklusive der Big Five leben auf dem südafrikanischen Terrain unweit der Grenzen zu Simbabwe und Mosambik. Der Begriff Big Five stammt noch aus der Zeit der Großwildjäger und umfasst Elefant, Nashorn, Kaffernbüffel, Löwe und Leopard. Obwohl es naheliegend ist den Begriff mit physischer Größe zu assoziieren, bezieht er sich noch auf die Gefahren und Schwierigkeit eines Fangs.

Der Kruger Nationalpark verfügt mittlerweile auch über Transitzonen zu den beiden Nachbarstaaten und erfreut sich wachsender Beliebtheit. 1935 wurden bereits 25.000 BesucherInnen gezählt, heute wird die Millionengrenze deutlich überschritten –dabei sind nur ca. 3% des Areals für TouristInnen einsehbar. Die Brücke zwischen Nachhaltigkeit und Offenscheit scheint und muss funktionieren, denn die natürliche Bewirtschaftung und der Betrieb sind teuer und auf zahlende ausländische Gäste angewiesen. Dabei ist eine Safari im Kruger Park ein einmaliges Erlebnis: Die Wildtierbestände werden mit Zahlen von schätzungsweise 147 Säugetieren, 492 Vogelarten, 118 Reptilien, 34 Amphiben und knapp 50 Süßwasserfischen bemessen. Von der vielfältigen Flora dabei noch abgesehen, gleicht der Kruger Nationalpark einer afrikanischen Bilderbuchlandschaft. Wie die Zukunft aussehen wird? Erhalt und Ausweitung sind ein komplexes Unterfangen, das nicht zu unterschätzende soziale, ökologische und politische Herausforderungen mit sich bringt. Ungeachtet der geschmiedeten Pläne, sucht sich in der sengenden Hitze der Mittagssonne ein Löwenrudel in der weitläufigen Steppen-, Busch- und Graslandschaft mit ihren glitzernden Wasserlöchern und Flussufern einen schattenspendenden Platz im niedrigen Dorngestrüpp.

 

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