Nordkorea Urlaubs-Abenteuer Nordkorea

Kein Fleckchen Erde, auf dem nicht schon ein Tourist gewesen ist = kein Abenteuer übrig für diese Generation? Weit gefehlt. Den Thrill holen sich Extrem-Reisende heute bei Fahrten in nuklear verseuchte Gebiete oder Orte im Ausnahmezustand. Auch Nordkorea hält einen besonderen „Kick“ für manche bereit, gilt es doch als weltweit restriktivstes politisches System.

Kommunistisches Denkmal in Pjöngjang, Nordkoreas Hauptstadt | © alexkuehni, iStock

Die wenigsten Touristen, die nach Nordkorea reisen, können sich mit dem dortigen politischen System identifizieren – meist ist das Gegenteil der Fall. Was sie dann nach Nordkorea treibt? Die Neugier und der Nervenkitzel. Je wilder die Gerüchte um Dos und Don'ts im Netz werden, desto faszinierender scheint die Sache für manche zu werden. Da Journalisten (ebenso wie Südkoreaner) in der Regel kein Visum bewilligt bekommen, muss man sich hierbei auf die Erfahrungen anderer Reisender verlassen. Das heißt: Foren und Reiseberichte wälzen, damit man vor Ort auch keine Faux-pas begeht. Denn die können nicht nur teuer werden, sondern einen ganz schnell seiner Freiheit berauben. So statuierte Nordkorea erst kürzlich ein Exempel an einem jungen amerikanischen Studenten, der ein Banner mit einem politischen Slogan aus einem Hotel mitgehen ließ: Er wurde zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt.

Doch wer sich an die Regeln hält und diese respektiert, hat in dem Land die Möglichkeit, eine für uns völlig fremde Welt kennen zu lernen. Natürlich werden die obligatorischen Reisebegleiter nicht gleich aus dem Nähkästchen plaudern, und dem Touristen wird mit ziemlicher Sicherheit eine heilere Welt vorgegaukelt, als sich erahnen lässt. Denn wozu sonst könnte eine Bodenmarkierung um das Hotel dienen, die genau anzeigt, wie weit man sich als Fremder maximal von seinem Hotelbett entfernen darf? Trotzdem darf man nicht vergessen: Die meisten Menschen, die hier leben, leiden selbst unter der Diktatur und freuen sich über einen Besuch von Ausländern, denen der Besuch des Landes so lange verwehrt gewesen ist.

Deshalb: Nicht verwirren lassen von der neuen nordkoreanischen Zeit (eine halbe Stunde hinter der Südkoreas) und frischen Mutes auf zu den für Ausländer zugänglichen Sehenswürdigkeiten. Die obligatorische Begleitung eines „Dolmetschers“ oder „Reiseführers“ sollten Sie gelassen sehen – schließlich werden Sie dadurch auch überall hingefahren, ersparen sich Verständigungsprobleme und brauchen sich vor nichts zu fürchten. Diese Begleitperson ist übrigens auch verantwortlich für Ihr Verhalten vor Ort und muss dafür gerade stehen, wenn Sie sich nicht an vorgeschriebene Regeln halten. Also: Lieber zweimal nachfragen, bevor man fotografiert oder einen „Prospekt“ mitnehmen möchte. Und zwar ausschließlich diesen Begleiter, denn wie das Auswärtige Amt schreibt: „Spontane Unterhaltungen mit Nordkoreanern können die Angesprochenen in Schwierigkeiten bringen.“

Nordkorea-Reisende vermuten auch, dass ihr Hotelzimmer abgehört wurde, und empfehlen, sogar auf Wikipedia-Ausdrucke über Nordkorea zu verzichten. Ausländische Medien sind im Land
generell verboten. Bereits bei der Einreise erfolgen „aus Gründen der nationalen Sicherheit“ strenge Kontrollen, ob der Besucher Dateien auf seinem Handy oder Computer besitzt, die staatskritische Aussagen über Nordkorea beinhalten. Im Zweifelsfall werden die Geräte konfisziert oder neu formatiert. (Also auch diesen Artikel nicht ausdrucken und mitnehmen!) Mobiltelefone können vom Zoll sowieso einbehalten oder versiegelt werden, sofern vor Ort kein nordkoreanischer Mobilfunkvertrag abgeschlossen bzw. keine nordkoreanische SIM-Karte gekauft wird.

Das Auswärtige Amt weist außerdem darauf hin, dass „eine Respektierung des herrschenden Personenkults“ erwartet wird. Propagandamaterial im Hotelzimmer also bitte nicht abhängen oder umdrehen und bloß keine Kritik äußern bezüglich Land oder gar Politik.

Abenteuergeist braucht man wohl auch in kulinarischer Hinsicht. Mehrere Reisende rätseln über das ihnen vorgesetzte Essen und mutmaßen sogar, zum Frühstück Hund serviert bekommen zu haben. Die schweren Versorgungsmängel des Landes machen auch vor Strom und Wasser nicht Halt: Mit häufigen Ausfällen ist hier zu rechnen. Nordkorea-Erfahrene empfehlen, auf den Fahrstuhl wo möglich zu verzichten und sich bei Ankunft gleich die Badewanne voll Wasser laufen zu lassen – wer weiß, wann es wieder welches gibt … Gleiches gilt für die medizinische Versorgung, die als völlig unzureichend beschrieben wird. Eine Reiseapotheke wird deshalb jedem Nordkorea-Reisenden nahe gelegt.

Wer trotz aller Widrigkeiten – oder genau deshalb – Interesse hat, Nordkorea einen Besuch abzustatten, benötigt für die Einreise ein Visum, das eine persönliche Vorsprache in der Botschaft des Landes in Berlin erfordert. Auch eine Einladung von koreanischer Seite wird verlangt, was aber in der Regel von den Reisebüros erledigt wird. Die Bearbeitungszeit beträgt mindestens vier Wochen; eine Änderung der Einreisebestimmungen kann sich jederzeit ergeben, ohne dass das Auswärtige Amt davon unterrichtet wird. Auch in dieser Angelegenheit also: ein echtes Abenteuer.

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von Solveig Michelsen

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