Unsere AutorenUlrike Wiebrecht

© Jon A. Juarez

Ulrike Wiebrecht ist für DuMont Reise unterwegs in Brandenburg und Spanien.

Was hat Sie zum Reisen und Schreiben gebracht?

Die Lust zum Reisen war schon immer da, fast seitdem ich denken kann. Was mich dabei antreibt, ist weniger der Erholungsaspekt, schon gar nicht das Interesse an Luxusurlaub, vielmehr ist es die Neugier auf Land und Leute und die verschiedenen Lebensmodelle, die ich mir – wenn irgend möglich – aus der Nähe ansehe, indem ich statt im Hotel lieber bei Freunden, Verwandten oder Bekannten wohne. So bin ich schon als 18-Jährige in Libyen gewesen, habe mit 19 Jahren längere Zeit auf einer griechischen Insel verbracht, bin bald darauf in den Libanon gereist, bevor ich ein Jahr in Südfrankreich studiert und sieben Jahre in Spanien gelebt habe. Das Schreiben, das Festhalten der Eindrücke, gehörte immer dazu. Doch erst auf Umwegen wurde auch ein Beruf daraus, als ich begann, von Spanien aus für deutsche und Schweizer Zeitungen zu berichten.

Wie kam es zu Ihrem ersten Reiseführer bei DuMont?

Nachdem ich bereits einen anderen Reiseführer über Barcelona und Katalonien gemacht hatte, kam der DuMont-Reiseverlag auf mich zu und bat mich, einen Guide über die Costa Brava zu schreiben. Dieser Reiseführer erscheint nun schon bald seit 20 Jahren.

Was interessiert Sie am Reiseführerschreiben?

Das Reizvolle am Reiseführerschreiben besteht für mich darin, dass ich – neben der weniger spannenden Fleißarbeit, die das Zusammentragen von Adressen und praktischen Informationen darstellt – eine Art Resümee aus meiner journalistischen Arbeit ziehen kann. Zeitungen und Zeitschriften sind so kurzlebig. Wenn man sich einer Stadt oder Region in einer Reportage angenähert und in die damit zusammenhängenden Themen vertieft hat, entsteht bei mir der dringliche Wunsch, die Erkenntnisse auch über einen Artikel hinaus festzuhalten und an einen möglichst großen Leserkreis weiterzugeben.

Welche Beziehung haben Sie zum Land Brandenburg?

Als ich in Spanien lebte, wusste ich zunächst gar nichts von der Existenz dieses Bundeslandes und hätte mir nie vorstellen können, einen Reiseführer über diese Region zu schreiben. Es war auch keine Liebe auf den ersten Blick. Aber als ich nach Berlin kam, lernte ich das Umland besser kennen und zunehmend auch zu schätzen. Auch und gerade, weil Brandenburg gegenüber klassischen Reiseregionen wie der Toskana, der Provence oder der Costa Brava auf den ersten Blick erst mal ganz unspektakulär, vielleicht sogar unattraktiv wirkt. Doch dann gibt es hier unglaublich viel zu entdecken. Langsam ist bereits durchgesickert, dass das Land mit seinen unzähligen Seen, endlosen Wäldern und jeder Menge unberührter Landschaft das perfekte Gegenstück zur Metropole Berlin ist. Und es ist mir wirklich ein Anliegen, das zu vermitteln und zu beschreiben.

Nach welchen Kriterien wählen Sie die Inhalte Ihres Reiseführers aus?

Natürlich müssen bestimmte Orte und Highlights wie die Schlösser von Potsdam vorkommen. Aber abgesehen davon – auch von gewissen inhaltlichen Standards – versuche ich, die Leser möglichst viel Interessantes am Wegesrand entdecken zu lassen. Zum Beispiel unkonventionelle Kunst-Veranstaltungen wie die Aquamediale im Spreewald, den Kunstwanderweg im Fläming oder auch ein Café in einem ehemaligen Verladeturm an der Oder.

Was packen Sie in Ihren Koffer, wenn Sie nach Brandenburg fahren?

Natürlich Notizbuch und Fotoapparat, meist auch eine Landkarte. Und je nachdem, ob ich auf dem Oder-Neiße-Radweg radeln, durch die Märkische Schweiz wandern oder ein Konzert in einem Schloss besuchen möchte, kommen Wanderstiefel, sportliche oder eher elegante Kleidung in den Koffer. Im Sommer gehört angesichts der vielen Seen auch die Badebekleidung ins Gepäck.

Was ist in Ihrem Koffer, wenn Sie aus Brandenburg zurückkommen?

Auch das hängt ganz vom Reiseziel und der Jahreszeit ab. Mal bringe ich Erdbeeren oder Spargel aus Beelitz mit, mal Kirschbier aus der Klosterbrauerei von Neuzelle, Honig oder Sanddorn-Secco aus Petzow im Havelland, vielleicht aber auch einen Keramikkrug oder ein Aquarell von den Tagen der Offenen Ateliers.

Was unternehmen Sie, wenn Sie die Recherche vor Ort beendet haben?

Dann gehe ich am liebsten in ein gemütliches Landgasthaus.

Ihr schönstes oder beeindruckendstes Erlebnis während der Recherche?

Da fallen mir gleich mehrere ein. Zum Beispiel als wir an einem glühend heißen Sommertag in einem winzigen Prignitz-Dorf bei einer professionell inszenierten Oper im Schweinestall landeten - die Mischung von überraschend hochkarätiger Kunst und zutiefst ländlicher Umgebung mitsamt herzhaftem Blechkuchen und Schmalzstullen. Oder als mir ein Führer in der Marienkirche von Frankfurt/Oder im Zusammenhang mit den wunderbaren restaurierten Fenster die Geschichte vom Antichristen nahebrachte.

Unvergesslich auch das Gefühl der Weite und Einsamkeit bei Radtouren im Oderbruch oder auf dem Pilgerweg von Berlin nach Bad Wilsnack.

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